Spätestens nach dem zweiten Island-Reiseführer wird einem klar, dass der Isländer was das Essen angeht einige sehr gewöhnungsbedürftige traditionelle Gerichte im Angebot hat bei denen sich so mancher wahrscheinlich heimlich die einzige und schon vor Jahren geschlossene McDonald’s-Filiale in Reykjavík zurückwünscht.
Neben dem obligatorischen und noch harmlosen Trockenfisch, den es an quasi jeder Tankstelle zu kaufen gibt, und den der Isländer wie unsereins Chips im Kino futtert hat er weitaus härteren Tobak zu bieten.
Ich stelle hier nur ein paar wohlklingende Highlights der isländischen Küche vor, die da wären…
- Kæst Skata
- Hákarl
- Svið
- Svidasulta
- Hrútspungar
Was sich jedoch dahinter verbirgt ist nicht jedermanns Sache:
Kæst Skata (Gammelrochen)
Ein beliebtes Weihnachtsessen. Die Zubereitung ist denkbar simpel: Den Fisch im Bottich verenden lassen, dann bei konstanter Temperatur lagern. Nicht wässern, nicht umschichten, Katzen und Kinder fern halten. Nach vier Wochen kommt etwas Salz dazu. Natürlich benötigt man für die „Reifung“ einen Ort, an dem die olfaktorischen Begleiterscheinungen des Zersetzungs- und Fermentierungsprozesses geduldet werden. Möglichst abgelegen sollte der Ort schon sein, damit der Familienrat oder Nachbarn nicht mit Protest und Prügel drohen. Nach vier, fünf Wochen ist die Delikatesse reif.
Dazu werden Kartoffeln gereicht und das ganze mit Hammelfett übergossen. Ein Genuß in Ammoniakwolken gehüllt!
Hrútspungar (Gesäuerter Widderhoden)
Als Snack für zwischendurch, als Pastete oder in einem Knoblauchkuchen verarbeitet. Die Hoden werden gepresst und in Molke konserviert, was ihnen einen leicht sauren Beigeschmack verleiht. Schenkt man den Einheimischen Glauben, schmeckt vor allem die Pastete deliziös, vermutlich solange man nicht darüber nachdenkt, was man gerade isst.
Svið (Schafskopf)
Es handelt sich um schwarzgesengte Schafsköpfe, wie sie beim Schlachten anfallen. Im Supermarkt kann man Sie in der Tiefkühltruhe entdecken. Durch das Abbrennen wird das Fell entfernt. Vor dem Auftauen und Kochen wird die äußere Schicht abgeschabt. Es verbleibt ein Aroma wie beim Räuchern.
Svidasulta (Schafskopfsülze)
Eine Delikatesse, die in keinem isländischen Supermarkt fehlt: Sülze aus angesengtem und gekochtem Schafskopf. Zunächst wird den frischen Schafsköpfen über dem offenen Feuer das Fell entfernt. Dies sorgt zugleich für das einzigartige Röst-Aroma. Anschließend mit frischem Wasser abgespült, werden die Köpfe in jeweils zwei gleich große Hälften geteilt und in Salzwasser 90 bis 120 Minuten gekocht.
Hákarl (fermentierter Hai)
Der Hai ist für Menschen nur auf Grund der Fermentierung überhaupt essbar, ansonsten wäre sein Fleisch ungenießbar. Wie alle Plattenkiemer reichert er Harnstoff im Blut an, den er zum Ausgleich des osmotischen Drucks des Meerwassers verwendet. Es dauert mehrere Monate, bis der Harnstoff im Körper des toten Hais abgebaut ist. In dieser Zeit werden durch seine Zersetzung große Mengen an Ammoniak freigesetzt.
Die traditionelle Zubereitung von Hákarl ist langwierig: Der Hai wird ausgenommen, entgrätet, gesäubert und gewaschen. Dann wird eine Grube in grobkörnigem Kies gegraben, das Haifleisch wird eingegraben und durch daraufliegende Felsstücke ausgepresst. So wird es belassen – im Sommer sechs bis sieben Wochen, im Winter zwei bis drei Monate. Danach wird das Haifleisch in eine offene Trockenhütte gehängt, wo das Ammoniak verdunstet. Dort bleibt es zirka zwei bis vier Monate, bis es fest und trocken ist. Heute wird der Hai im Allgemeinen nicht mehr vergraben, sondern in durchlässigen Holzkisten abgelagert. Entscheidend ist, dass das Ammoniak verdunsten kann. Vor dem Essen wird die braune Kruste des Hais entfernt, das weiße Fleisch in kleinen Stücken mit dem isländischen Schnaps Brennivín serviert – den man vermutlich in rauhen Mengen zum runterspülen dieser Delikatesse braucht
Wer jetzt noch nicht genug hat kann sich an Kabeljau-Grätenbrei versuchen… In saure Molke eingelegt, werden Kabeljaugräten aufgelöst und so lange gekocht, bis ein dicker Brei entsteht… oder wie wär’s mit sauer eingelegte Robbenflossen (Selshreyfar).
Immer noch Hunger? Achja, Walspeck und -fleisch oder der niedliche Papageientaucher, den wir wohl eher aus dem Zoo kennen stehen in Island auf dem Speiseplan.
Neben all diesen uns sehr merkwürdig erscheinenden Gerichten gibt es jedoch auch viel positives zu berichten!
Islands Küche ist bekannt für die schmackhafte Zubereitung von uns vertrauteren Fischen wie Lachs & Schalentieren, Rentier, Lamm sowie den im Land üppig gedeihenden Pilzen und Beeren. Ich werde mich daher vermutlich eher an diese Dinge halten oder an die in fast jedem Reiseführer erwähnten leckeren Kuchen in einem der vielen Cafès 😉
„Ich kann garnicht so viel essen wie ich kotzen möchte“ wird hier wohl irgendwie ad absurdum geführt.
Nichtsdestotrotz guten Hunger! Ellen